Papier, Pappe, Karton
Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Papier aus Hadern, also aus Lumpen alter Kleider und Stoffe, hergestellt. Dieser Rohstoff war nur sehr begrenzt verfügbar und deshalb war Papier sehr teuer.
Geschichte
Der ab 1843 mechanisch gewonnene Holzschliff, wurde durch die Erfindung der chemischen Auflösung von Holz, bei der das Lignin entfernt wird und nur die faserbildende Zellulose übrigbleibt, abgelöst. Hadern werden bis heute noch in der Herstellung von Banknoten eingesetzt. Bis 1890 wurden 25 verschiedene Verfahren zur Gewinnung von Holzzellulose entwickelt. Das saure Sulfitzellstoffverfahren eignet sich vor allem für harzarme Hölzer, während das alkalische Sulfatzellstoffverfahren ausschließlich für harzreiche Hölzer (Kiefern) eingesetzt wird. Aus 1m³ Kiefer werden lediglich 200 kg Zellstoff gewonnen. Aber verschiedene Holzsorten haben einen unterschiedlich hohen Zellstoffgehalt und dementsprechend unterscheiden sich auch die Fasern in ihrer Qualität und Funktion.
Ursprung
Um Papier zu erhalten werden im wesentlichen Fasern pflanzlicher Herkunft (Holz, Gras, Faserbanane, …) durch Entwässerung einer Faserstoffaufschwemmung auf einem Sieb gebildet. Dieser Faserfilz wird anschließend verdichtet und getrocknet. Für eine glattere Haptik und bessere Bedruckbarkeit, bzw. Verarbeitung wird die Papierbahn mit einem Strich versehen und weitere Zusatzstoffe für eine stärkere Opazität und einen höheren Weißgrad hinzugefügt. Die Papierfasern verbinden sich durch Wasserstoffbrückenbindungen der OH Gruppen, unterstützend wird mit Leim oder chemischen Zusatzstoffen gearbeitet.
Verwendung
Papier ist sehr gut verarbeitbar, es kann gefaltet und gerillt werden. Es hat eine hohe mechanische Stabilität, ist gut bedruckbar, bietet einen adäquaten Lichtschutz, besteht aus nachwachsenden Rohstoffen und ist meist gut zu recyceln. Die Nachteile des Papiers sind seine hohe Durchlässigkeit gegen Wasserdampf, Sauerstoff und Fett. Es ist ohne Behandlung nicht nassfest und muss durch Hilfsstoffe (Kleber) verschlossen werden.
Die Unterscheidung von Papier zu Pappe und Karton wird entsprechend der Grammatur vorgenommen. Für Produkte, die einen hohen Transportschutz oder Stabilität der Verpackung benötigen, ist Wellpappe gut geeignet.
Recycling
Papier wird als sehr nachhaltig und natürlich wahrgenommen, dabei verbraucht auch hier die Produktion sehr viel Energie und Wasser. Für eine feste, haltbare und universell einsatzbare Qualität können nur einwandfreie lange Fasern verwendet werden. Papier kann im Allgemeinen gut recycelt werden. Im Stoffaufschluss werden die langen Fasern abgeschöpft und zu Altpapier verarbeitet. Etwa fünf Mal kann eine Faser wiederaufbereitet werden, dann ist sie so kurz, dass sie keine ausreichende Bindung mehr hat. Altpapier darf aus folgendem Grund nicht wieder im Lebensmitteldirektkontakt eingesetzt werden: Im Recycling findet eine Mischung verschiedener Papiere statt, es werden auch bedruckte Zeitungen und Zeitschriften zu Altpapier verarbeitet, diese werden ausschließlich mit mineralölhaltigen Druckfarben gedruckt. Die Mineralölbestandteile lassen sich nicht vollständig aus dem Altpapier entfernen und können unter Umständen in das Produkt migrieren. Eine Anwendung von Altpapier in der Sekundärverpackung oder der Transportverpackung ist möglich, aber trotzdem muss für Lebensmittelverpackungen die Mineralölproblematik beachtet werden. Das bedeutet, dass bspw. Nudeln, Salz und Zucker in Papier- oder Karton aus Frischfaser verpackt sind.
Papier wird als Verpackung häufig stark veredelt, z.B. zur Faltschachtel verarbeitet. Es wird bedruckt, etikettiert, laminiert, lackiert und geklebt. Als Faustformel gilt: je stärker die Veredelung mit Lacken, Farben, Folien usw., desto schwieriger wird das Recycling und es lassen sich weniger Fasern herauslösen.
Innovation
Ganz neu sind die sogenannten ‚Funktionalen Papiere‘. Ein großer Lebensmittelkonzern verpackt seine neu gelaunchten Riegel in so einem Papier. Es bietet Barrieren gegen Wasserdampf, Sauerstoff sowie Fett und ist siegelfähig. Diese Eigenschaften sind nur durch den Einsatz von Polymeren, also Kunststoffen möglich. Im Gegensatz zur Kunststoffbeschichtung (wie beim Kaffeebecher), werden die Polymere schon während der Produktion in Form einer Suspension in den Stoffauflauf gegeben. Einige Hersteller geben an, dass der Anteil der Zusatzstoffe <5% ist und es sich demnach um ein Papier handelt. Wird die 5% Grenze an Zusatzstoffen überschritten, handelt es sich um ein Verbundmaterial. Noch liegen keine ausreichenden Erfahrungen zum Recycling vor, aber es ist anzunehmen, dass es auch hier, wie oben beschrieben, schwierig sein wird, verwertbare Fasern zu erhalten.
Eine bekannte Tiefkühlmarke hat einen Teil seiner Folienbeutel auf Papierbeutel umgestellt. Hierfür werden zwei mechanisch hochverdichtete Papierbahnen aufeinander geklebt und zum Beutel verarbeitet. Ungebleicht fällt der Papierbeutel im Tiefkühlschrank deutlich ins Auge. Zum Thema Entsorgung lässt sich hier anmerken, dass die Altpapier-Verarbeiter keine Produktanhaftungen im Altpapier haben wollen, vor allem keine fetthaltigen. Das gilt auch für Wachse, die bei Bonbons oder Nudeln zur Beschichtung und zum Verschließen eingesetzt werden, denn Wachse und Fette stören ganz empfindlich die Papierproduktion.
Papier, Karton und Pappe haben in Deutschland und auch in Europa hohe Recyclingquoten und es befinden sich große Mengen im Umlauf, aber die permanente Steigerung der Verbrauchsmengen führt dazu, dass weltweit immer mehr Monokulturen und Flächenkonkurrenz zum Nahrungsanbau entstehen. Der hohe Energie- und Chemikalieneinsatz bei der Herstellung und der Wiederaufbereitung sollten in der Nachhaltigkeitsbetrachtung berücksichtigt werden.