Meeresrauschen im Mund

Als wir davon gelesen haben, dass Wissenschaftler in Bremen Quallen züchten und diese dabei helfen könnten zukünftig die Ernährung der Menschheit sicherzustellen wurden wir hellhörig: Quallen, Essen, Zukunft – Wir wollten dem auf den Grund gehen.

Da sieht man förmlich den Crunch
Quallenchips = Pringles of the Future?

Quallenchips for Future

Der Wissenschaftler, der sich mit Quallen und überhaupt dem Meer auseinandersetzt, ist der Meeresökologe Dr. Holger Kühnhold vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung in Bremen. Wir haben uns zunächst für ein Interview ausgetauscht und dabei wurde deutlich, dass es beiderseits durchaus Interesse gibt Quallen in der Küche zu verarbeiten.

Die Quallen sind da…

Wenige Wochen später klingelt es an der Tür und ein großes Styroporpaket wird abgegeben. Das sind sie dann wohl unsere Quallen.  Wir haben sie in ein improvisiertes Meerwasseraquarium gegeben. Mit Luftzufuhr und speziellem Meersalz und haben die Tiere erstmal andächtig beobachtet. Quallen sind unglaublich schön und bewegen sich elegant durch das Wasser.

Hat was von einer Blume
Wie im Umgang mit anderen Tieren auch, sollte man mit Respekt vorgehen

Uns wurde einmal mehr bewusst was für faszinierende Geschöpfe auf dem menschlichen Speiseplan stehen. Ob Fische, Hummer, Schweine oder eben Quallen. Die meisten Menschen kaufen ein totes Stück Tier und ignorieren, wie es zu diesem Lebensmittel wurde. Im Fall der Quallen handelt es sich um Tiere ohne zentrales Nervensystem. Das wirft die Frage auf ob vegetarisch oder vielleicht sogar vegan lebende Personen auch Quallen essen würden. Tatsächlich erinnern uns diese faszinierenden Lebewesen an Pilze, die weder zu Pflanzen noch Tieren zählen.

Gift und Genuss

Bei den Quallen gab es eine weitere Hürde, es handelt sich um Mangrovenquallen, die bisher nicht als Speisequallen bekannt sind. In Asien werden andere Quallen zubereitet und verzehrt, es blieb also ein kleines Restrisiko, das es zu überwinden galt. Etwas Respekt vor Nesselgiften haben wir schon aber nach ersten zaghaften Berührungen scheinen unsere Quallen recht zurückhaltend zu sein, was diese Gifte betrifft.

Wir wurden daher etwas mutiger und haben die Quallen auch roh probiert. Das macht auch Sinn, ist bei Austern ja nicht anders. Traditionell werden Quallen aber über Monate mit Salzen behandelt und eingelegt.

Ein anderes Quallenprojekt hat bereits ein Kochbuch vorgestellt, das uns dazu inspiriert hat die rohe Quallen kurz mit Salz und Zucker zu marinieren. Davor wird die Qualle gewaschen und die Arme entfernt, die lösen sich leicht vom Schirm. Ähnlich wie wenn man den Stiel von Pilzen vom Hut löst.

Die Quallen riechen mild nach Meer fast wie eine frische Auster. Die Textur ist weich und sanft, etwas glitschig aber das ist überhaupt nicht negativ. Beim Kauen nimmt man durchaus eine Festigkeit wahr, sie haben also doch etwas Biss. Im Grunde eine Delikatesse, das hat hierzulande wohl nur noch niemand bemerkt.

Meeresknuspern

Unser eigentliches Ziel ist es aber Quallenchips herzustellen. Dafür wurde vor einigen Jahren von Mie Thorborg Pedersen ein neues Verfahren entwickelt. Denn einfaches Trocknen funktioniert nicht. Erst durch Einlegen in Ethanol und anschließendem Trocknen ist es möglich die Qualle im Ganzen zu erhalten.

Im Grunde ist es sehr leicht, das umzusetzen. Es braucht nur Alkohol (96,4%) , Zeit und Quallen. Nach 2 Tagen in Ethanol legen wir die Tiere auf Backmatten und lassen Sie im Ofen bei 30°C trocknen. Der Alkohol verflüchtigt sich bereits bei Raumtemperatur, übrig bleiben Hauchzarte Chips, die an Papier erinnern. Es riecht immer noch angenehm nach Meer.

Wenn man nun eine Handvoll Quallenchips genießt, entfaltet sich ein Meeresrauschen mit Geschmack. Knusprig, crunchig, dann weich, salzig und meerig. Für die Quallenchips haben wir bereits eine passende Verpackung entworfen. Vielleicht ist es ja bald erhältlich, das Meer in der Dose.