So wird die Cosumer Experience bei Pizza gechallenged

To-Go Pizza ohne Pizzakarton? PIZZycle, ein Offenbacher Start-up hilft mit ihren runden Pizzaboxen weltweit Verpackungsmüll beim beliebtesten Lieferessen zu eliminieren.

Geöffnete Pizzabox von PIZZycle mit Flyern
Runde Box für runde Pizza. Ergibt doch Sinn, oder?

Can aus dem Food Lab hat mit Filip Raketic geredet und dabei viel über Polypropylen und Pfandsysteme gelernt.

Can: Was macht euer Polypropylen (im Folgenden häufiger als PP bezeichnet) nachhaltiger als andere PPs? Kannst du das für Laien erklären?

Filip: Materialspezifisch gesprochen geht es darum, ob das PP als Monomaterial eingesetzt wird oder als Mix mit anderen Thermoplasten oder vielleicht sogar mit Glasfaser verstärkt. Das ist wichtig für die End of Life Phase, denn wenn es ein Monomaterial ist, kann man ein sortenreines Recycling machen und der Recylcemarkt ist interessierter an einem Recyclat. Und dann ist natürlich noch wichtig wie viele Nutzungen also Zyklen schafft so ein Mehrwegprodukt.

Da schreibt ihr auf eurer Webseite ja, dass ihr nach 11-maliger Nutzung nachhaltiger seid als Einweg-Pizzaboxen. Wie kommt diese Rechnung zu Stande?

Das entstand aus der Studie einer Universität. Die haben mit Hilfe der Datenbank ecoinvent Modelle entwickelt womit sie verschiedene Nachhaltigkeits- oder Umweltdimensionen simulieren. Da wurde dann festgestellt, dass im Querschnitt über viele Dimensionen hinweg unser Produkt nach elf Nutzungen den Pizzakarton outperformt. Das sind dann so Dimensionen wie CO2– oder Primärverbrauch an Ressourcen und Co. Also wir haben sozusagen nach elf Nutzungen einen Break-Even-Point erreicht. Nur beim Wasserverbrauch können wir den nicht erreichen, da unsere Box natürlich immer wieder gespült werden muss.

Viele PIZZycle-Boxen gestapelt
Einfach zu stapeln

Eure Pizzaboxen sehen ja auch sehr anders aus als Pizzakartons. Rund, zweiteilig mit Luftschlitzen. Habt ihr euch das patentieren lassen?

Ja. Wir haben mehrere Designschutzrechte, auf europäischer und internationaler Ebene. Da geht es um die Art und Weise, wie das Produkt designed ist, also eine flache und glatte Oberfläche, die Merkmale mit den Luftschlitzen und den Verschlüssen hier an der Seite, die man auch als Griff nutzen kann. Es gibt kein Konkurrenzprodukt, das in irgendeiner Form so eine glatte Oberfläche anbietet, die auch bedruckbar ist. Und das sind so unsere Hauptmerkmale.

Ich frage Start-ups bei denen es um Nachhaltigkeit geht gern auch immer ob bei der Entwicklung auch andere Aspekte verbessert bzw. bedacht wurden.

Also da will ich natürlich Luise und Marlene in den Vordergrund stellen. Die beiden haben das als Produktdesignerinnen an der Uni entwickelt und ich bin ja dann erst als dritte Person dazu gekommen. Das heißt initial beim Designprozess haben Luise und Marlene sich da Gedanken zu gemacht. Natürlich zum Thema Nachhaltigkeit aber haben auch die gesamte Consumer Experience beim Thema Pizza so ein bisschen gechallenged. Pizzakartons sind oft viel zu groß, allein schon weil sie eckig sind und runde Pizzen beinhalten. Mit unseren Pizzaboxen konsumiere ich meine Pizza aus einem runden und hochwertigeren Gefäß. Über vier Monate hinweg haben wir getestet wie viele Luftschlitze es gibt. Das ist also auch kein Zufall, wie viele es gibt und wie groß die sind. Das sind wir relativ wissenschaftlich angegangen mit einer Plexiglasform, wo dann getestet wurde wie viel Kondenswasser dort entsteht.

Pizza ist weltweit das #1 Take-Away Essen

Aber eure Pizzaboxen sind nicht aus recyceltem Material, oder? Ginge das nicht auch?

Ich würde es lieben, doch das Problem ist: Auf EU Ebene kriegen wir kein PP-Rezyklat, den wir einsetzen dürfen für Lebensmittel-Transport. Also als Lebensmittelbedarfsgegenstand darfst du aktuell keinen PP-Rezyklat einsetzen. Das ist nervig.
Unser PP ist fossilen Ursprungs. Es gibt zwar auch Biokunststoffe, die sind dann aus Getreide oder Speiseölresten, aber die sind oft deutlich schlechter ist als fossile erdölbasierte PPs in der CO2 Performance. Wir waren von Anfang an mit Naturschutzorganisationen und Co. im Austausch und haben da gefragt, „Was sollen wir machen?“, aber auch die meinten, dass die Industrie da ran muss, also wir versuchen das beste und waren auch Finalist im Deutschen Nachhaltigkeitspreis.

Wer ist denn eigentlich eure Zielgruppe? Geht ihr eher in Richtung der High End Pizzerien in den Großstädten oder nur auf die großen Systemgastro-Player zu oder sprecht ihr direkt mit Lieferdiensten?

Wir haben quasi seit Anfang an den Luxus gehabt, dass sich relativ viele Leute bei uns gemeldet haben. Also wir haben eigentlich von Anfang an Kunden gehabt, die genau wussten, was sie mit den Pizzaboxen machen wollten, sodass wir einfach produziert und geliefert haben, und die wussten dann genau, was sie damit machen. Aktuell sind wir sehr stark fokussiert auf das Thema Pizzaketten mit eigenem Delivery, also die eigene Lieferdienste haben. Da haben wir nämlich – so würde ich‘s jetzt einfach mal behaupten – eine optimale Synergie herausgearbeitet. Aber wir arbeiten auch viel mit Systemen zusammen zum Beispiel mit Vytal, das ist das größte digitale Mehrwegsystem. Die helfen uns dann dabei, dass das Produkt quasi auch von kleineren Pizzerien genutzt werden kann.

Wir arbeiten weltweit mit jedem System zusammen, die Pizza anbieten

Das heißt ihr selbst seid gar kein Pfandsystem a la Recup?

Genau, entweder Pizzerien arbeiten mit Systemen wie Vytal zusammen oder kaufen direkt bei uns Pizzaboxen ein und nutzen sie als Teil ihres eigenen Pfandsystems. Dadurch sind wir sehr international. Wir müssen nicht in jedem Land ein Pfandsystem aufbauen, sondern arbeiten stattdessen weltweit mit jedem System zusammen, die Pizza anbieten.

Gibt‘s denn da keine Konkurrenz?

Vor zwei Jahren als wir gegründet haben noch nicht so richtig, mittlerweile schon. Pizza ist weltweit das Nummer 1 Take-Away Essen, eigentlich über alle Industrienationen hinweg. Aber ich hatte das mittlerweile schon ganz oft, dass die Leute durch die anderen Pizzaboxen zu uns kommen, weil sie nach Alternativen gesucht haben und wir qualitativ hochwertig sind und D2C, also direkt an die Pizzerien verkaufen ohne Zwischenhändler.

Wir sind gespannt auf die weitere Entwicklung von PIZZycle und bedanken uns fürs Interview.

Marlene und Filip mit Pizzycle Boxen in den Händen
Die beiden Gründer*innen Marlene und Filip (nicht zu sehen ist die dritte im Bunde, Luise)

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