Nur mal kurz die Welt retten

No Milk Today? Das steht zwar auf der Verpackung von vly aber heute ist vly bei MILK. Und das passt ganz gut, denn als Agentur für Verpackungsdesign sehen wir uns als Partner des Wandels und den strebt Nicolas Hartmann an. Mit „Erbsenmilch“ will er den Markt für Milchprodukte nachhaltig verändern.

Nicolas ist ehemaliger Leistungssportler und Ernährungsberater für vegane Profisportler. Während seines Studiums in Oxford festigte sich seine Überzeugung, dass Lebensmittel einen riesigen Einfluss auf unsere Gesundheit und unseren Planeten haben. Seitdem ernährt er sich leidenschaftlich vegan. Felix aus unserem Food Lab hat ihn interviewt.

„Erbsenmilch“ ist ein „Ersatzprodukt“. Warum brauchen wir heute Erbsenmilch und weshalb wird das so bleiben?

Leider sind die Alternativen aktuell deutlich in der Minderheit. Es wurden 3,6 Milliarden Liter Kuhmilch getrunken und nur 230 Millionen Liter Pflanzenmilch. Das entspricht einem Marktanteil von 7 %. Wir glauben aber, dass sich das in Zukunft verändert, also gut 80 % Pflanzenmilch konsumiert wird. Die Benefits, der Konsumentenwert, ist dabei wichtiger als die Basis der Milch. Ob es nun Soja, Hafer oder eben Erbse ist. Wir wollen Produkte schaffen, die die Gewohnheiten der Menschen verändern. Für viele Konsument:innen ist es nicht die oberste Priorität, was genau in der Milch enthalten ist. Daher setzen wir auf unseren guten Geschmack und die Nährstoffe, die für eine gesunde Ernährung essentiell wichtig sind. Wir verfolgen dabei einen holistischen Nachhaltigkeitsansatz, der sich durch drei Wege zusammensetzt: Nachhaltige Verpackung, kurze Transportwege in der Produktion und Lieferkette sowie nachhaltige gesunde Zutaten.

Du hast von „Designing your Life“ gesprochen. Das hieß für dich statt Milchkonzerne beraten, Milchindustrie neu denken. Wie designt ihr unser Leben?

Wir messen uns am Impact. Weil wir nicht alleine 3,6 Milliarden Liter Pflanzenmilch produzieren können, freuen wir uns über Mitbewerber:innen, die den Wandel beschleunigen. Aktuell halten drei Aspekte den Wandel noch auf:

  1. Preis: Pflanzliche Alternativen sind aus verschiedensten Gründen teurer: Es entfallen 19 % MwSt., Scaling Effekte sind noch ein Nachteil aber werden bald ein Vorteil sein. Milch wird immer noch subventioniert, aber auch diese Unterstützungen fallen zunehmend weg.
  2. Geschmack: Konsument:innen wollen Erfahrung, die sie lieben, die sie immer wieder haben wollen. Lange galt: „Pflanzenmilch geht nicht in Kaffee“. Dieser Mythos ist zum Glück vorbei. Ob im Müsli oder Cappuccino, mittlerweile geht es um Erlebnisse mit dem Effekt: Geil, das will ich wieder haben.
  3. Nährwerte: Hafer schneidet dabei schlechter ab als das tierische Äquivalent. Erbsen liefern Proteine, haben keine gesättigten Fettsäuren und weniger kurzkettige Kohlenhydrate. Das sorgt dafür, dass wir komplett auf Zucker verzichten können und einen positiven Impact auf den Blutzuckerspiegel gewährleisten können. Durch das positive Aminosäurenprofil können wir außerdem sicherstellen, dass die pflanzlichen Proteine besser verstoffwechselt und aufgenommen werden.

Wir wollen den Wandel schaffen und Alternativen bieten, die besser sind als die tierische Variante.

Nicolas Hartmann – Co-Founder von vly

Bei MILK. geht es um Inhalte aber immer auch um die Verpackung. vly setzt auf eine besonderen Namen und ein eigenes Design. Die strukturelle Verpackung ist aber sehr milchmäßig. Welche Überlegungen stecken dahinter? Gab es auch Ideen für eine ganz neue Verpackung?

Wir haben uns super viele Gedanken über die Verpackung gemacht. Von Glas bis hin zu Craft Verpackungen, die als besonders nachhaltig gelten. Am Ende zählt für uns der Impact – das ist unser wichtigstes Kriterium. Das heißt, wir müssen raus aus der Ökoszene hin zum Massenmarkt. Dabei hilft es nah an den Gewohnheiten der Konsument:innen zu bleiben, also an den eigentlichen Erwartungen der herkömmliche Milch. Denn unser Produkt ist schon sehr nischig. Außerdem muss die Umsetzbarkeit gewährleistet sein: 3,6 Milliarden Liter Kuhmilch allein in Deutschland zu ersetzen erfordert eine Form, die einen Impact gewährleistet und skalierbar ist.
Craft schneidet mit Blick auf CO2 Werte nicht viel besser ab. Wir nutzen eine biobasierte Verpackung aber wichtig wäre, dass die Recyclefähigkeit erhöht wird. Die Aluminiumschicht ist zwar super dünn, aber das wäre noch zu verbessern. Bei Produkten sowie bei Verpackungen ändert sich gerade sehr viel, alle suchen nach nachhaltigen Lösungen.

Ein Glas gefüllt mit vly und eine Packung vly Ungesüsst
vly arbeitet daran ihre Verpackungen noch nachhaltiger zu machen

Eure Verpackung ist Benchmark für andere, speziell wenn es darum geht die Gen Z anzusprechen. Ist das die Hauptzielgruppe?

Unsere Zielgruppe ist sehr unterschiedlich. Das ist eine große Herausforderung in der Kommunikation, zeigt aber die Größe des Themas und des Marktes.

Um eine große Zielgruppe ansprechen zu können ist Sichtbarkeit wichtig, spielt hier eine Positionierung im Kühlregal eine Rolle?

In den USA ist ein riesiger Sprung passiert, als Alternativen im Kühlregal verfügbar waren. Kuhmilchtrinker:innen suchen nicht im Pflanzenmilchregal. Unser Produkt muss nicht gekühlt werden und es wäre aus energetischen Gründen nicht sinnvoll das dennoch zu tun. Aber neue Produktlinien wie Joghurt oder Magerquark kommen ins Kühlregal und erhöhen unsere Sichtbarkeit insgesamt.

vly steht u.a. für abheben/durchstarten. vly verleiht Flügel?  Ist vly mehr als eine Ersatzmilch, eine neue Form des Energydrinks? Nährwerte spielen schließlich eine wichtige Rolle und ihr richtet euch auch an vegane Sportler:innen. Kannst du uns etwas zur Markenpositionierung und damit zusammenhängend dem Produktauftritt sagen?

Es gilt Energie neu zu definieren. vly heißt für uns auch: „Fliegen nur vegan“ aber es geht  weniger um einen kurzen Kick,  sondern um ein nachhaltiges hohes Energielevel. Nicht um einen Zuckercrash, sondern eine Energie, die nah am Gesundheitsbegriff angelehnt ist. Eine andere Form der Energie als bei Energy Drinks.

Auf der Packung steht „Neue Technologie x Natürliche Zutaten = vly“ , daneben: „vly Ungesüsst v2.1“  klingt nach regelmäßigen Updates – davon sprecht ihr auch – wie bei Software. vly statt Fuel für Gamer? Oder einfach um die Innovation des Produkts zu betonen?

Jetzt gibt es schon v2.2 – Wir glauben daran, dass sich gerade pflanzliche Proteinprodukte aktuell ständig weiterentwickeln. Auch nach jedem neuen Launch geht es weiter in der Optimierung, wir bekommen viel Feedback und sind alles andere als perfekt. Dafür aber schnell und agil. Wir wollen diese Entwicklung transparent darstellen, analog zu Software Entwicklungen. Normal wird im Lebensmittelbereich nicht ständig optimiert, aber viel auf Marketing gesetzt. Wir wollen die Kunden und deren Wünsche und Bedürfnisse wieder in den Vordergrund stellen. Auch das ist eine Analogie zu Software Unternehmen. Natürlich im Rahmen bestimmter Grenzen, die für uns wichtig sind.
Noch kann man diese Entwicklungen nicht chronologisch nachvollziehen, wir schreiben darüber im Blog – eine Übersicht zu den Veränderungen steht noch aus, könnte aber kommen.

Die drei Gründer von vly: Niklas, Moritz und Nicolas
Die drei Gründer von vly: Niklas, Moritz und Nicolas (v.l.)

Moritz ist Koch. Auch wir haben ein Food Lab mit zwei Köchen und einem passionierten Fermentista. Unsere Designer:innen machen dann Verpackungen für unsere Experimente wie z.B. GEMÜSLI. Welche Rolle spielt Kulinarik, Genuss für Euch? Und welche Rolle hatte Moritz bei der Entwicklung?

Moritz bringt Expertise aus Küche: Sensorisches Wissen und Geschmack aber auch Liebe zu Lebensmitteln. Er hat dann aber noch Lebensmitteltechnologie studiert, unser Produkt ist eben auch industriell. Kreativität und Standardisierung müssen zusammenkommen.
Es ist schwierig Geschmack als Kriterium zu objektivieren. Pro SKU (Stock Keeping Unit) muss der Geschmack für den Großteil der Bevölkerung passen. Um das zu erreichen nutzen wir verschiedene Verfahren:  Neben dem individuellen „Overall liking“, ergänzen wir die Prüfung um Sensorik-Panels und nutzen analytische Messdaten. Es gilt dann diese Werte zu kombinieren, um den richtigen Geschmack zu treffen. Wir versuchen also „The best of all worlds” zu bekommen.

Spielt dabei auch Gastronomie eine Rolle?  Z.B. vly statt Sahne?

Nein, ehrlich gesagt noch nicht so sehr. Fette sind nicht unsere Kernkompetenz. Wir kümmern uns um Proteine. Wir wollen nicht einfach Sonnenblumen oder Rapsöl hinzufügen. Das wird wichtiger, weil es zu Milchprodukten gehört aber Proteine haben bei uns aktuell Priorität z.B. in Form von Magerquark für den es noch keine guten pflanzlichen Alternativen gibt.

Ist Tofu da nicht nah dran? Wird es nach Hightech wieder traditionell?

Es gibt noch keinen veganen Magerquark. Das ist Neuland und dazu schauen wir uns auch die Tofuproduktion an, aber auch Fermentationsverfahren. Es wird dann schnell sehr komplex, wenn es darum geht, das biotechnologisch hochzuskalieren.
Aber irgendjemand muss es probieren.

Braucht es die zusätzlichen Vitamine bzw. ist das ein extra Benefit für Veganer:innen und Sportler:innen? Und weshalb natürliche Aromen? Schmeckt nicht schlecht, aber wie würde es ohne schmecken?  Wie wäre es mit einer „Plain version“?

Das ist ehrlicherweise eine superspannende Frage: Wir finden natürliche Aromen als Zutaten nicht geil. Rein wissenschaftlich ist es allerdings nicht bedenklich mit Blick auf die Gesundheit. Es hilft das Produkt geschmacklich abzurunden und ermöglicht die Balance eines möglichst gesunden Produkts, das gleichzeitig den Massenmarkt erreichen kann. 
Wir wollen Leute von Kuhmilch zu Pflanzenprodukten bringen. Bevor wir erwarten, dass sich jeder um die B12 Zufuhr kümmert, erledigen wir das und haben ein Produkt, dass dies abdeckt und Milch ersetzen kann auch mit Blick auf die Nährwerte. Nährstoffe sollten meiner Meinung nach gemäß wissenschaftlichen Erkenntnissen ergänzt werden, um eine optimale Versorgung zu gewährleisten, die nicht immer gegeben ist.

Noch sind Ersatzprodukte im Vergleich zu Milch, überraschend teuer. Wie siehst du hier die Entwicklung und weshalb funktioniert vly dennoch so gut?

Das liegt an verschiedenen Faktoren wie u.a. an den Subventionen für die Milchindustrie, Skalierung, teuren Zutaten (z.B. hochwertige Nährstoffe wie Tri-Magnesiumcitrat) und notwendiger Forschung. Unser Anspruch ist eben auch, dass weiter voranzutreiben und selber hier in Deutschland zu forschen. Bei einem Verbrauch von 1 Liter Milch/Woche macht es im Jahr nur gut 50 € aus. Der Stellenwert für Lebensmittel steigt. Essen ist die Basis und ein zentrales Element mit oft noch zu geringem Stellenwert – das muss und wird sich ändern.

Ja, das sagen wir Köche auch! Besteht Kontakt zu anderen Startups, national wie international, die ebenfalls hochmoderne alternativen zu tierischen Produkten anbieten?
Und ist das eine eingeschworene Gemeinschaft, die die Revolution aus der Küche bzw. dem Labor vorantreibt?

Mit Mushlabs und Formo waren wir im Inkubator von Kitchentown, ich kenne Mazen (Rizk) und Raffa (Raffael Wohlgensinger) gut.
Im alternativen Protein Bereich kennen wir z.B. Heura aus Spanien, Planted aus der Schweiz aber auch like meat in Deutschland  – es gibt da einige. Aber es tut sich auch immer mehr bei den Nestles + Co, die in diesen Markt einsteigen: Nur so gelingt die Veränderung der Gesellschaft. Das ist gut, denn es gibt mehr Investments in den Markt. Wir haben ohnehin nur eine Daseinsberechtigung, wenn wir weiter innovativer, schneller, näher am Kunden, authentischer und bessere Produkte herstellen. Wenn wir das nicht schaffen, gibt es keinen Grund, warum wir existieren sollten.

Ihr habt gerade hohe Investitionssummen erhalten, es geht also so aufregend weiter wie bisher. Joghurt und To-Go Produkte sind bald erhältlich. Wie weit denkt ihr? An ein komplettes Molkerei Programm inkl. Käse. Welche Rolle spielt Fleischersatz

Wir reduzieren uns nicht auf MOPRO und sehen das als Technologieplattform, da können auch andere tierische Ersatzprodukte entstehen, die als sehr gesund wahrgenommen werden, wie Magerquark, fettarme Milch sowie einige weitere Kategorien, die es zu disruptieren gilt. Aber es geht nicht unbedingt um „Wir gegen die großen Player“, sondern um eine Umstellung, die von allen getragen und vorangetrieben wird. 

Welche Aufteilung werden wir im Supermarkt im MOPRO Bereich 2030, 2040 oder 2050  haben? (tierisch-pflanzlich in %)

Der Anteil pflanzlicher Milchprodukte liegt aktuell bei etwa 7 %. Durch den Generationenwandel, werden Konsumenten deutlich offener sein für Alternativen. Ambitioniert geschätzt wird der Anteil pflanzlicher Milchprodukte 2030: 50%, 2040: 60/70% und bis 2050: 80% betragen.
Wir werden sehen, es muss noch viel passieren, aber es passiert schon jetzt sehr viel.

Auch bei Euch ist schon viel passiert und es wird wohl auch noch viel passieren! 

Ja so ist es!

Vielen Dank! Wir freuen uns in diesem Sinne auf das vly Steak.

Starte Deine Projektanfrage einfach und direkt per E-Mail oder Telefon.